Kurztrip in die Volksrepublik China

Am 5.5.2021 waren wir Daheimgebliebenen auf Vermittlung von Marcus Strohmeier zu einem Besuch beim Botschafter der Volksrepublik China eingeladen. Als wir am Vormittag vom BIZ aufbrachen und durch die wunderschöne Gartenanlage des Belvedere in die Metternichgasse spazierten, wussten wir nicht wirklich was uns erwarten wird. Keine*r von uns hatte Erfahrungen im Umgang mit hohen Diplomat*innen und so war die Stimmung freudig gespannt als wir bei der Botschaft eintrafen.

In der Botschaft wurden wir bereits erwartet und wir begaben uns ganz Corona-konform mit Maske und Abstand ins Innere des schönen alten Hauses. Dort führte man* uns in einen Saal, wo uns der Botschafter begrüßte. Wir nahmen an einer großen Tafel Platz und Botschafter LI Xiaosi erzählte uns spannende Details über die lange Geschichte Chinas und die Beziehungen zwischen China und Österreich. Österreich pflegt bereits seit 1971 diplomatische Beziehungen zu China und es gibt diverse bilaterale Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Ein weiteres großes Thema war natürlich die Pandemie und der vorbildhafte Umgang mit dem Virus in China. Wir alle haben wahrscheinlich noch die Bilder von den aus dem Boden gestampften Lazaretten und den abgeriegelten Regionen im Kopf. Aktuell gibt es in China rund zehn neue Infektionen pro Tag und es sind mittlerweile bereits ca. 300 Millionen Chines*innen geimpft. Die Wirtschaft floriert und für 2021 ist mit einer Steigerung des BIP von 8,4% zu rechnen. Der Botschafter sagte allerdings auch sehr deutlich, dass aus seiner Sicht die Pandemie erst vorbei ist wenn das Virus überall auf der Welt zurückgedrängt wurde, und dazu braucht es eine gute Zusammenarbeit aller Länder. Ich kann mich noch sehr gut an den Mai 2020 erinnern, überall war die Schutzausrüstung Mangelware und bei der Mobilen wie in der Langzeitpflege quasi nicht vorhanden. An der deutschen Grenze wurden Waren aufgehalten die für Österreich bestimmt waren, verschiedene Länder konfiszierten Transporte mit Beatmungsgeräten und Schutzausrüstung, die nicht für sie bestimmt waren. Da hatte ich erstmals Zweifel am Fortbestehen der Europäischen Union. Gerade in solchen Zeiten ist aus meiner Sicht eine umfassende Solidarität eine der wirksamsten Waffen. Und was macht China? Es spendet einem der reichsten Länder dieser Welt drei Tonnen Schutzausrüstung, die wir über die Strukturen des ÖGB an die Basis verteilen konnten. So sieht für mich Solidarität in einer Pandemie aus! Genau diese Solidarität erwarte ich mir vom reichen Europa auch in Bezug auf Impfstoffe und dem globalen Süden. Insgesamt wurden über eine damals in Leben gerufene Luftbrücke 1500 Tonnen medizinisches Material von China nach Österreich gebracht.

Natürlich wurden auch konkrete Themen aus entwicklungspolitischer Sicht angesprochen. Laut dem Botschafter wird China bis 2060 völlig klimaneutral sein und es gibt auch einiges an Entwicklungspotential in ihrer sozialistischen Marktwirtschaft mit dualem Wirtschaftskreislauf. Die immer noch großen Unterschiede zwischen Arm und Reich sowie Westen und Osten stehen am Programm und laut dem Botschafter strebt China einen moderaten Wohlstand der gesamten chinesischen Bevölkerung an. Erreichen will China sein Ziel von Prosperität und Frieden über eine stärkere Öffnung und Teilnahme am Weltmarkt. Und somit wären wir bei der neuen Seidenstraße, einem Projekt in das auch Österreich involviert ist. Alleine 2020 fuhren bereits 12.400 Güterzüge von China nach Europa. Insgesamt ist China der viertgrößte Handelspartner Österreichs und der wichtigste in Asien. Zusätzlich bereisten vor der Pandemie rund eine Million chinesischer Tourist*innen pro Jahr Österreich.

Auch politisch brisantere Themen wie Hongkong, Taiwan und Xinjiang standen auf der Tagesordnung. Er machte in Bezug auf Hongkong und Taiwan klar, dass China im Land nicht mehrere verschiedene Systeme dulde und ließ außer Zweifel, dass dabei auch mit militärischer Intervention zu rechnen ist, obwohl die primäre Vorgehensweise friedlicher Natur sei. Von Xinjiang zeichnete uns der Botschafter ein Bild aus Sicht des Regimes, welches in der Form wohl auf viele politische Brennpunkte in der Welt passen würde. Laut ihm geht es um islamistischen Terror vor dem sich China verteidige. Ich halte es grundsätzlich für plausibel, dass auch hier der IS Zuspruch bekommt, aber möchte das nicht näher kommentieren, weil ich in der Sache absolut nicht sattelfest bin.

Danach wurden wir in lockerer Runde zum Essen eingeladen und konnten dabei noch weitere Fragen stellen, auch persönlicher Natur. Es entwickelte sich eine angenehme Plauderei die uns tiefe Einblicke in den chinesischen Alltag ermöglichten. Ein Satz des Botschafters blieb mir dabei besonders im Gedächtnis: „Sozialismus bedeutet nicht Armut.“, da gebe ich ihm Recht, es ist eine Frage der Verteilung. Und als Gewerkschafter sehe ich es als Auftrag für eine gerechte Verteilung des Wohlstandes zu kämpfen.

Nebenbei bemerkt weiß ich seit heute, dass weiße Kugerl im Kompott nicht zwangsläufig Litschis sind. Das waren Klebereisbällchen gefüllt mit einer Mischung aus geröstetem Sesam und Mohn. Ich hab wohl ziemlich überrascht geschaut als ich statt der erwarteten Litschis plötzlich sowas wie Kaugummi mit Krokant im Mund hatte.